Jo Weil – über Veränderungen und Kompromisse

Ein Soapstar ist Jo Weil schon lange nicht mehr. Der Schauspieler, der unter anderem durch seine Rolle des Oliver Sabel in der Vorabendserie „Verbotene Liebe“ bekannt wurde, hat sich mittlerweile zu einem ernstzunehmenden Charakterdarsteller entwickelt. Seit heute gibt es die Neuauflage der Erfolgsserie auf TVNow im Streaming. Neben kleinen Ausflügen in die Serienwelt und Buchungen als Moderator für Red Carpet Events kann man sein Schauspielertalent vor allem in der englischen Produktion „Sodom“ bewundern, indem er einen Mann spielt, der durch eine Beziehung zu einem Mann in einen Zweispalt der Gefühle fällt. Seit fast zwei Jahren spielt Jo Weil aber nun seine absolute Traumrolle – die Hauptrolle ‚Frank Farmer‘ im Musical Renner „Bodyguard“, welches von August 2019 bis zum abrupten Stop durch den Lockdown erfolgreich durch Deutschland tourte. Während seines Gastauftritts in seiner Geburtsstadt Frankfurt schenkte er uns seine wertvolle Zeit für ein kurzes Fotoshooting im Theater Alte Oper und für dieses ehrliche Interview.
Ich sehe es als ein großes Glück, dass ich heute auch oft mit etwas mehr Zeit arbeiten darf, bin aber auch froh darüber, dass ich weiß, dass ich es unter härteren Bedingungen genau so schaffen würde.

Im Moment stehst Du fast jeden Tag in Deiner Rolle als Frank in „Bodyguard-The Musical“ auf der Bühne. Wie motivierst Du Dich dazu jeden Abend Dein Bestes zu geben?
Ich liebe meinen Job und diese Produktion. Insofern fällt mir das meistens nicht schwer. Aber klar, ich spiele im Schnitt 8 Shows die Woche und bin keine Maschine, die jeden Tag gleich gut drauf ist. Wenn es wirklich mal eine Vorstellung gibt, bei der ich nicht ganz so viel Lust habe, denke ich an die Zuschauer und dass sie viel Geld dafür bezahlt haben, einen tollen Abend zu erleben. Sie können ja nichts für meine persönlichen Befindlichkeiten und jeder Zuschauer hat das gleiche Recht auf meine mir mögliche beste Leistung. Dann klappt das Ganze schon aus Respekt vor dem Publikum! Und ehrlich gesagt: Bodyguard ist so eine großartige Show und macht mir so viel Spaß zu spielen, dass ich spätestens nach 5 Minuten auf der Bühne nicht mehr anders kann, als mit größter Freude dabei zu sein.

Deine kleine Familie hat gerade einen kleinen süßen Zuwachs bekommen? Wie bist Du auf den Hund gekommen?
Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, mir einen Hund ins Leben zu holen. Als „Patenonkel“ von Rudi, dem Hund von Jana und Thore, habe ich schon immer viel Zeit mit ihm verbracht und diese auch sehr genossen. Gerade wenn es beruflich mal stressig war, hat mir das immer einen tollen Ausgleich gegeben. Und dann ging irgendwann alles ganz schnell. Ich habe von Skys Geburt erfahren und mich schockverliebt. Ein paar Tage lang habe ich sehr gewissenhaft alle Pros und Kontras abgewogen und vor allem sehr genau geschaut, ob ich den Hund wirklich so in mein Leben integrieren kann, dass ich ihm vollkommen gerecht werde. Als ich mir sicher war, dass das klappen wird, habe ich Nägel mit Köpfen gemacht. Und nun ist Sky schon seit knapp zwei Monaten bei mir und ich kann mir überhaupt nicht mehr vorstellen, dass es irgendwann mal anders war.

Du pflegst eine innige Freundschaft mit Jana Schölermann, der Frau von Thore Schölermann. Wie wichtig sind echte Freundschaften für Dich und wie erhältst Du sie aufrecht, wenn man ständig unterwegs ist?
Wahre Freunde sind, neben der Familie, das Wichtigste für mich. Sie sind ja quasi meine gewählte Familie. Gerade in meinem Beruf ist es wichtig, ehrliche und loyale Menschen um mich zu haben, denen ich zu hundert Prozent vertrauen kann und bei denen ich weiß, dass sie ehrlich zu mir sind. Jana ist so eine Person! Ich habe zwar viele Bekannte, aber wahre Freunde habe ich nur wenige. Und das ist auch gut so, denn die Zeit für diese zu finden ist schon schwer genug. Im Fall von Jana klappt es aber super, da sie selbst in dem Beruf ist und wir beide unsere gegenseitigen Terminprobleme bestens verstehen. Umso schöner, dass wir es trotzdem irgendwie immer schaffen, Zeit füreinander freizuschaufeln. Und gerad erst war ich ja auch Janas Trauzeuge – darauf bin ich besonders stolz!

Wie sieht die Zeit nach „Bodyguard“ aus? Gibt es schon Pläne?
Hoffentlich genau so bunt und aufregend. (lacht) Es gibt schon ein, zwei erste Projekte für die Zeit nach dem Musical – aber über die kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mehr sagen. Ich freue mich auf jeden Fall schon darauf und glaube, dass mir das den Abschied von Bodyguard etwas leichter machen wird. Und dann werde ich hoffentlich auch mal wieder reisen und mehr Zeit mit meinen Liebsten verbringen können. Das ist in den letzten zwei Jahren eindeutig zu kurz gekommen.

Deine Karriere liest sich wie eine amerikanische Tellerwäscher Geschichte, obwohl Du ja eine klassische Schauspielerausbildung genossen hast. Angefangen als Theaterdarsteller und nun ein gefeierter Musicalstar. Wie fühlt es sich an, wenn Du auf die letzten Jahre zurückblickst?
Ich bin stolz! Ich arbeite nun seit über 20 Jahren in diesem wundervollen Beruf und habe viele der Dinge, von denen ich als junger Mensch geträumt habe, inzwischen erreicht. Vor allem bin ich stolz darauf, dass ich immer meinen Weg gegangen bin und auch wenn es gerade am Anfang nicht immer leicht war, nie den Glauben an mich verloren habe. Zudem war ich schon immer sehr fleißig und arbeite viel und hart. Auch dann, wenn andere vielleicht mal darüber gelacht haben und nicht verstehen konnten, warum ich meinen Beruf so ernst nehme. Für mich ist es einfach eine große Ehre mit der Schauspielerei mein Geld verdienen zu dürfen und vor allem auch zu können! Insofern bin ich stolz und glücklich, dass sich all mein Einsatz im Laufe der Jahre immer wieder ausgezahlt hat und das auch noch bis heute tut.

Wie gehst Du mit Deiner Zeit als Soapstar in Verbotene Liebe um und wie hast Du den Absprung aus der Daily Soap Welt zu einem ehrwürdigen Schauspieler geschafft?
Ich würde das auf keinen Fall als Absprung bezeichnen. Ich bin sehr stolz auf meine Jahre bei Verbotene Liebe. Es war der Beginn meiner Berufslaufbahn und ich habe in den Jahren dort unglaublich viel gelernt. Ich bin mir sicher, dass ich ohne diese Erfahrungen heute nicht da stehen würde, wo ich bin. Insofern mag ich es überhaupt nicht, wenn Leute Soaps als etwas Minderes abstempeln. Die Kollegen dort arbeiten verdammt hart und produzieren im Schnitt eine komplette Folge am Tag. Beim Film hat man für das gleiche Pensum ungleich mehr Zeit. Klar, dass unter diesem Zeitdruck in einer täglichen Serie nicht jede Szene oscar-reif wird. Aber es gibt eben erstaunlich viele wirklich gute Szenen, auf die alle Beteiligten sehr stolz sein können. Deshalb vertrete ich felsenfest die Meinung: wer in einer Soap bestehen kann, wird in jedem anderen Format eine gute Leistung abliefern können. Das durfte ich zumindest in allen Projekten seit VL feststellen. Denn je mehr Zeit man beim Drehen hat umso besser kann man sich auch in den Szenen fallen lassen und ausprobieren.

Credits:

Photo: Sophie Daum

Hair & Make-Up: Hatice Avan

Location: Alte Oper, Frankfurt

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