Die Neue Generation Der Luftkünstler

Jahrelang waren Flugpiloten Könige der Lüfte, reine Meister in ihrem Können und unantastbar in ihrem Ansehen. Doch seit einiger Zeit wird diese Zunft durch eine junge Generation selbstbewusster Überflieger aufgewirbelt, die das Abenteuer Fliegen um einiges menschlicher machen. Approved traf den sympathischen Piloten Felix Möcke (27) derzeit bei einer großen belgischen Fluggesellschaft tätig, um einmal seine Sicht des Fliegens zu ergründen.

Seit wann bist Du Pilot und war es schon immer Dein Traumberuf ? Welche Fähigkeiten, Eigenschaften sollte man nach Deiner Erfahrung für die Ausbildung mitbringen?
Pilot zu werden war schon immer mein Traumberuf, genauer gesagt, seit ich drei Jahre alt war und mit meinen Eltern zum ersten Mal in den Urlaub geflogen bin. Jetzt flieg ich seit fast zweieinhalb Jahren Passagiere an ihre Zielorte und liebe es immer noch. Teamfähigkeit ist wohl mit eine der Haupteigenschaften, die man für diesen Beruf mitbringen sollte, denn alles wird in ständig wechselnden Teams abgesprochen. Ein hohes Maß an Merkfähigkeit und Stressresistenz sind ebenfalls wichtig, denn man muss oft konzentriert und unter stressigen Bedingungen arbeiten. Und natürlich Durchhaltevermögen und Motivation während der Ausbildung. Es gab unzählige Momente, in denen ich aus Frust und Selbstzweifel gerne in der kurzen, aber intensiven Ausbildung das Handtuch geworfen hätte.
Wie gehst Du mit Leuten um, die aufgrund Deines Alters an Deiner Kompetenz zweifeln? Wo ist der Vorteil oder auch Nachteil als junger Pilot gegenüber einem Älteren?Ich bin sicherlich sehr jung, aber ich denke, es wurde noch nie an meiner Kompetenz gezweifelt. Ich muss mich da auch nicht verstecken; jeder, der sich mit mir auf ein Gespräch einlässt, wird sehen, dass ich zwar noch nicht die Flugerfahrung eines langjährigen Kapitäns habe, aber durchaus von einer erstklassigen Ausbildung profitiert habe. Der Vorteil bei uns jungen Piloten ist, dass wir Dinge ganz neu betrachten und viele Sachen genauer vor Augen haben, da unsere Ausbildung noch nicht so lange zurückliegt. Jeder Tag bringt eine neue Erfahrung, aus der man lernt, bis man Kapitän wird.

(c) Felix M

Wie war Dein erster Flug mit Passagieren? Mein erster Passagierflug ging von Köln nach Wien. Ich war Pilot Monitoring, der dem Kapitän zuarbeitet; auf dem Rückweg war der Rollentausch. Die Nacht davor war für mich sehr aufregend; ich konnte kaum schlafen, war aber dann fit. Klar ist man nervös, aber wenn die Cockpit Tür zu ist und man seine Arbeitsabläufe abarbeitet, dann ist man auch stolz auf seine Arbeit und kann sie genießen, auch wenn es am Anfang spannend und aufregend ist. Letztendlich ist es ein unglaublich tolles Gefühl, in der Luft zu sein und Passagiere an ihr Ziel zu bringen.

Wie stressig ist dieser Beruf wirklich? Natürlich hat er seine stressigen Seiten, vor allem wenn man mehrere Kurzstrecken hintereinander fliegt und sich mehrmals am Tag mit der Flugvorbereitung beschäftigen muss – und das bei recht kurzer Bodenzeit. Jeder merkt, dass der Luftraum zu ist, die Flüge eng getaktet sind. Bei Langstrecke ist dies entspannter, der einzige Stress ist am Boden und während Start und Landung. Der Reiseflug ist definitiv die entspannteste Phase des Fliegens, je länger der Flug, desto mehr kann man die Ruhe genießen.

(c) Felix M

Wo siehst Du die schönen Seiten an Deinem Beruf, obwohl sich die Bedingungen geändert haben? Es gibt wirklich schöne Momente, wie atemberaubende Sonnenaufgänge oder eine tolle Crew. Auch das Feedback der Passagiere nach einer sanften Landung gehört dazu. Und wenn auch die Aufenthalte vor Ort sehr kurz sind, lernt man in relativ kurzer Zeit viele neue Destinationen und Kulturen kennen, wenn man die Zeit nutzt. Wer natürlich den Anspruch hat, jeden Abend in seinem eigenen Bett zu schlafen, wird es nie als Traumberuf sehen.

Viele Menschen, darunter auch gestandene Geschäftsleute, haben Flugangst. Ist diese Panik gerechtfertigt? Was empfiehlst Du zum entspannten Fliegen? Flugangst betrifft bestimmt viele Leute, egal welchen sozialen Background sie haben, denn der Mensch ist nicht zum Fliegen geboren. Die hochsensible Technik und eine Höhe von über 10.000 m bilden zusammen eine menschenfeindliche Umgebung – davor haben viele Leute Respekt. Im Gegensatz zu Verkehrsunfällen, die viel häufiger passieren, trifft ein Flugzeugabsturz viele Leute
auf einmal. Dies wird dann oft medientechnisch ausgeschlachtet, sodass dann bei Menschen mit Kontrollängsten Turbulenzen oder Geräusche, die sie nicht einschätzen können, diese Bilder ablaufen und die Panik vergrößern. Grundsätzlich ist Fliegen sehr sicher – das kann ich aus Erfahrung sagen. Eine Crew, ein Pilot würde nie ein unsicheres Flugzeug in die Luft steuern. Stattdessen sollte man lieber solche schlimmen Gedanken abschütteln, indem man vielleicht seinen Sitznachbarn kennenlernt. Oder man spricht die Crew an, denn diese kennen diese Paniken und unterstützen hier gerne.

(c) Felix M

Welche Anekdote, die Dir in Erinnerung geblieben ist, willst Du mit unseren Lesern teilen? Einen Flug, den ich besonders in Erinnerung behalten habe, war während der EM. Damals spielte Deutschland gegen Italien während des Fluges nach New York. Eigentlich sollte der zweite Serviceteil durchgeführt werden, aber jeder schaute wie gebannt auf das Spiel. Und als das entscheidende Tor für Deutschland fiel, jubelte die ganze Kabine, egal welche Nationalität. Ein wirklich unvergesslicher Moment mit Gänsehautpotential.

Wie viel Zeit bleibt für Privatleben? Macht der Beruf einsam? Eigentlich ist mein Privatleben abhängig von unseren Dienstplanern, bedeutet auch, dass der Sommer hektischer ist als der Winter. Man verbringt auch viel Zeit in Hotels und verpasst sicher auch die eine oder andere Familienfeier, wenn man nicht rechtzeitig vorplant. Und natürlich braucht es viel Verständnis vom Freundeskreis, denn freie Wochenenden oder Feiertage kennen wir in unserem Beruf nicht. Dafür hat man dann aber mehrere freie Tage hintereinander, um diese Zeit nachzuholen.

(c) Felix M

Nach Einsatzstationen auf Palma und in Brüssel – wie sieht die Zukunft für Dich aus? Zurzeit bin ich noch in Brüssel stationiert, werde aber im Oktober nun nach langem Warten endlich nach Deutschland und zu einer großen deutschen Fluggesellschaft wechseln. Das war eigentlich auch immer mein Ziel gewesen und daher freue ich mich, nach längerer Wartezeit, endlich da zu landen, wo ich immer hinwollte – im wahrsten Sinne des Wortes.

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